Schon lange laboriere ich an mir selbst herum, frage mich, warum ich so oder so bin und glaube ich komme mir langsam auf die Schliche. Ich denke, es hat etwas mit meiner Erziehung zutun. Will ich meine Kinder erziehen? Aber lest selbst!
Oft habe ich mich gefragt, warum ich bin, wie ich bin. Warum fällt mir das Leben so schwer, warum ist in meinem Kopf mit 37 Jahren nicht angekommen, dass ich eine gestandene erwachsene Frau bin? Warum fühle ich mich im Zusammensein mit anderen Erwachsenen oft wie ein Kind, benehme mich auch so, und hasse mich selbst im gleichen Moment dafür?
Liebe Wiebke! Du hast mir mit Deinem Beitrag auf Piepmadame die Augen geöffnet und ich danke Dir von Herzen!<3
Also, worum geht es hier eigentlich und was ist meiner Meinung der Auslöser für mein Problem? Meine Erziehung!
Ja, ich habe immer betont, wie „gut“ ich erzogen wurde, wie viel ich davon mitnehmen konnte für meine Kinder, und wie „wohlgeraten“ ich doch geworden bin, und genau das ist das Problem.
Ich habe große Probleme mich behaupten zu können in dieser Welt, bin ständig ein Ja-Sager, wenn ich mit anderen Erwachsenen zutun habe und möchte, dass mich alle lieben.
In meiner Kindheit hat das auch gut funktioniert. Ich wurde geliebt, war beliebt und wusste genau, wie ich mich verhalten muss, um diese Liebe und wohltuendes Lob zu erhalten.
Meine Erziehung war nicht geprägt von Schlägen oder seelischer Grausamkeit, ich war ein nach außen hin glückliches Kind und konnte mich stets gut „benehmen“. Kurz gesagt, ich konnte mich wunderbar so verhalten, wie es den Erwachsenen in den Kram passt und wurde dafür gelobt.
Dies ist keine Abrechnung und auch kein Vorwurf an meine Eltern und soll auch bitte nicht als solche verstanden werden. Ich bin mir ganz sicher, dass sie es so gut gemacht haben, wie es ihnen in dem Moment möglich war, sie lieben mich und haben mich immer geliebt, das weiß ich genau.
Bei meinen großen Jungs, die inzwischen 12 und 9 Jahre alt sind habe ich viele dieser Erziehungsmethoden übernommen, weil ich ja fand, dass ich „wohlgeraten“ bin. Ich habe es unbedacht übernommen und habe auch damals so gehandelt, wie ich es für richtig halte.
Als kleines Beispiel: Als meine Kinder ca. 7 und 4 Jahre alt waren, wurde ich im Judoverein von einer völlig verzweifelten und mir fremden Mutter angesprochen. Sie hatte 2 oder 3 Kinder im Judounterricht und ihre Kinder tanzten ständig aus der Reihe. Sie fragte mich, was ich tun würde, dass meine Kinder so toll erzogen waren. Meine Kinder befolgten alle Anweisungen des Trainers umgehend, tanzten so gut wie nie aus der Reihe und schauten zu diesem Erwachsenen auf. Sie sprachen nicht ungefragt und benahmen sich wie kleine Marionetten, die den Erwachsenen gefielen. Ich platze damals vor Stolz, dass ich das so toll „hingekriegt“ habe. Oh man! Heute tut es mir unendlich leid, dass meine Kinder sich einfach so gar nicht wie Kinder benahmen.
Ich habe es einfach so gemacht, wie ich es gelernt habe.
Nach Wiebkes Beitrag, den ich Euch hier verlinke, hat es mir die Augen geöffnet.
Ich war stets nicht sehr beliebt bei anderen Müttern und Krabbelgruppen. Warum? Weil ich auf gutes Benehmen bestand. Warum? Weil ich Stimmengewirr, Geschrei und Tumult nicht sehr gut haben kann. Warum? Den Beitrag verlinke ich Euch hier. Das ist aber nun tatsächlich mein ganz eigenes Problem, und ich wollte, dass sich die Kinder so benahmen, wie es mir gefiel. Mir sollte es gut gehen, wie es bei den Kindern ankommt, war mir damals ziemlich egal. Ich habe meine Bedürfnisse einfach über die Bedürfnisse der Kinder gestellt, weil ich ja schließlich die Erwachsene bin und somit über ihnen stehe. In meinem Kopf dreht sich gerade alles, weil ich mir selbst auf die Schliche komme und mich schäme.
Was, wenn wir aufhören unsere Kinder zu erziehen? Was wenn wir in Beziehung mit ihnen leben und ihre Bedürfnisse und Wünsche den gleichen Stellenwert bekommen wie wir? Wenn wir Ihnen einfach nur unsere Werte vorleben und sie sie automatisch nachahmen, ohne die Intention dafür Lob zu bekommen oder geliebt zu werden, sondern einfach weil sie uns von Herzen lieben?
Dann hätte ich heute definitiv selbst nicht diese großen Probleme. Ich könnte klar und deutlich meine Meinung äußern, würde nichts darauf geben, ob ich anderen gefalle oder nicht, und bräuchte auch keine Anerkennung von Fremden.
Natürlich bin ich „gut geraten“ und kann mich in Gesellschaft „super benehmen“, vor allem kann ich gefallen, aber was macht das Ganze mit MIR? Was hilft es denn, wenn ich anderen ständig gefalle, in meinem Inneren aber der größte Krieg tobt, weil ich es eigentlich leid bin, lieb und brav zu sein?
Diese Kontroverse bringt mich dazu dieses Gefühl betäuben zu müssen. Mit Essen, mit Einkaufen …, damit ich mich selbst etwas besser leiden kann und das Loch in mir füllen kann, das mit der Zeit entstanden ist, weil ich immer mehr Anerkennung und Liebe von außen benötige. Ich schaffe es nicht mir selbst das Gefühl zu geben wertvoll zu sein.
Immer war ich die Erste, die für Ruhe im Flugzeug plädiert hat. Ich war immer die Erste, die kein Kindergeschrei im Restaurant haben möchte und dieses auch lauthals verkündet hat. Auch das hat anderen Erwachsenen stets gefallen und sie haben mir kopfnickend beigepflichtet, bevorzugt, wenn sie selbst keine Kinder haben, oder ihre Kinder schon erwachsen sind.
Ich mag die Ruhe immer noch, kann aber ja dann ein Restaurant besuchen, in dem Kinder normalerweise nicht verkehren.
Auch das rebellische Kind, das Wiebke in ihrem Beitrag erwähnt, kann ich selbst gut sein. Ich streite ständig mit meiner Mutter. Wir schaffen es keine 3 Tage zusammen. Es eskaliert grundsätzlich immer. Ich bin das rebellische Kind, indem ich nichts richtig zu Ende gebracht habe im Leben, die 12. Klasse wiederholen musste, weil ich lieber im Café war als in der Schule und mit 17 Jahren von zu Hause auszog.
In mir toben beide großen Kinder und kommen natürlich nie auf einen gemeinsamen Nenner.
Was also will und werde ich ändern? In Bezug auf meine eigenen Kinder werde ich versuchen die Erziehung abzulegen. Ich werde Ihnen weiterhin Werte vorleben und aufhören an ihrem Verhalten herumzuschrauben, damit sie anderen und mir „gefallen“.
Und ich? Wie bekomme ich selbst das in den Griff bei mir? Ehrlich? Ich weiß es nicht so genau. Ich muss das, was ich 37 Jahre für die Wahrheit hielt überdenken und versuchen im Kern zu ändern. Vielleicht schaffe ich das nicht allein, sondern brauche dafür Hilfe von außen.
Ich bin Wiebke von Herzen dankbar und ich glaube, meine Kinder sind es bald auch 🙂
Kinder sind Reisende, die nach dem Weg fragen. Wollen wir ihnen gute Begleiter sein!
Alles Liebe
Eure Anke
Ich bin ganz gerührt. Von deinen persönlichen Worten und davon, dass du mich verstanden hast, zugehört hast. Das ist ein unglaublicher Schritt, denn du da vollzogen hast – und ja das tut in den meisten Fällen ziemlich weh. Sei nicht zu hart zu dir! Aber sei dir gewiss: deine Kinder und vor allem DEIN inneres Kind wird es dir danken ❤️
Ich freue mich so über Deinen Kommentar und bin Dir wirklich so unendlich dankbar ❤️