Seit fast 3 Wochen sind wir nun hier auf Mallorca und machen so ziemliche alle Gefühle durch, die man nur durchmachen kann. Von völligem Glücksgefühl über Existenzangst, Stress, Wut, Enttäuschung, Gelassenheit und Wohlbefinden. Es ist tatsächlich alles dabei.
Nun betreffen diese ganzen Gefühle ja nicht nur uns Erwachsene, sondern auch die Kinder. Sogar bei Leni, die im September 2 Jahre alt wird, kann man deutliche Veränderungen spüren, wenn sich unsere Gefühle und unser sich daraus ergebendes Verhalten verändert. Im Alltagstrott geht das einfach oft unter, dass man aufmerksam bemerkt wie Stimmungen sich auf alle Familienmitglieder übertragen.
Wir arbeiten von morgens bis abends, sind beladen mit Sorgen und Problemen und unsere Kinder laufen halt so nebenher. Wir haben keine Zeit uns ausreichend mit unseren Gefühlen und unserem Innersten zu beschäftigen, weil außen einfach so viel los ist. Wie wäre es, wenn außen plötzlich alles still wird. Wenn wir wie in einer Meditation die Welt außen einfach mal vorbeiziehen lassen würden, ein paar Minuten innehalten und uns fragen, ob es das alles wert ist.
Ist es das neue große Auto oder das dicke Eigenheim wert, dass wir uns zwischenmenschlich nicht mehr begegnen, weil wir so viel arbeiten müssen, damit wir Kredite und Raten bedienen?
Ich ertappe mich so oft gefangen in einer Gedankenspirale. „Was, wenn das und das Geld von dem und dem Kunden nicht kommt?“ Ich bekomme Panik, fange an wie eine Wahnsinnige mir in meinem Kopf alle möglichen Horrorszenarien auszumalen und bin dann so gefangen, dass ich die Blume, die meine Tochter mir lächelnd bringt, gar nicht sehe. Das stolze Gesicht meines Sohnes, der einen Handstand im Pool vorführen möchte, begutachte ich mit einem halben Auge und bekomme gerade noch ein emotionsloses „Super“ heraus, wobei ich im selben Moment in sein 9-jähriges Gesicht sehe und genau weiß, dass er bemerkt hat, dass ich nicht bei der Sache war.
Mein 12-jähriger Sohn wiederholt dann manchmal mein „Super“ und kommentiert es mit „Mama hat Dir gar nicht zugesehen“. Spätestens dann weiß ich, dass ich ihnen nichts vormachen kann.
Wer gibt mir all diese Momente jemals zurück?
Wann habe ich verlernt mit Herz und Seele zu leben, statt mit meinem Kopf?
Natürlich kann man jetzt sagen, ja dann mach Dir doch keinen Stress mehr. Ist das denn möglich in der Gesellschaft, in der wir leben? Ist es möglich?
Ich jedenfalls bin unglücklich mit dem Leben in einer Gesellschaft, in dem man sich abends 10 Minuten sieht, der Vater den Kindern noch gerade so einen Gutenachtkuss aufdrücken kann und die Ehepartner so lange brauchen, um sich von ihrem Tag zu entspannen, dass die Frauen (zumindest die, die ich kenne) auf der Couch einschlafen und die zwischenmenschlichen Momente abzählbar sind. Eine Gesellschaft in der Menschen vor Stress und Verzweiflung Dinge tun und sagen, die sie nicht mehr zurücknehmen können. Kinder, die gestresste und erschöpfte Eltern erleben und sich automatisch auch nicht wohlfühlen.
Ich weiß, dass ich die Gesellschaft nicht ändern kann, aber ich kann verändern, wie ich mich in dieser Gesellschaft bewege. Ich kann aussteigen, mit allen Konsequenzen. Ich kann mich verabschieden von Konsum und Müll, der mich nicht glücklich macht. Hab ich den Mut? Keine Ahnung!
Was bleibt, wenn wir diese Welt verlassen? Mein Thermomix? Mein Staubsaugerroboter? Könnt Ihr haben! Die Zeit mit den Menschen, die ich liebe. Das ist das, was für mich zählt. Jede Minute mit meinen Kindern aufzusaugen, wenn sie die Welt entdecken und sich über Blumen am Wegrand freuen, die wir Erwachsenen achtlos zertrampeln.
In meinem Kopf sind gerade so viele wirre Gedanken. Ich liebe ja auch schöne materielle Dinge. Ich mag schöne Häuser, tolle Autos und wundervolle Urlaube, aber ich bin nicht mehr bereit mich und meine Mitmenschen zu vergessen. In meinem Umfeld gibt es jede Menge Menschen, die sich schier totarbeiten und dennoch weder finanziell noch zwischenmenschlich zufrieden sind. Also wofür das alles? Ist es nicht mehr wert die Zeit mit den Menschen, die wir lieben zu verbringen, und auf das neue Auto zu verzichten? Das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden.
Meine Kinder saugen jedenfalls all meine Emotionen auf und sie wirken sich auf sie aus. Sie sind betrübt, wenn ich betrübt bin. Sie sind ausgelassen und fröhlich, wenn ich glücklich und entspannt bin. Sie sind im Mangel, wenn ich im Mangel bin und ich bin oft im Mangel. Unser 12-jähriger Sohn fragt täglich, ob die knapp 20.000 Euro des Kunden (siehe mein Post über die Baubranche) denn nun endlich da seien und ist ebenso bedrückt und sauer, wenn ich ihm sage, dass es bis zum heutigen Tage nicht da ist. Natürlich könnten wir es von den Kindern fernhalten, aber wie soll das gehen? Ich sitze regelmäßig irgendwo und weine, schreie am Telefon meine Mitmenschen an oder beschuldige meinen Mann verantwortlich zu sein für diese und viele anderen Probleme, weil ich nicht weiß wohin mit meiner Verzweiflung. Das kann man nicht immer fern halten und unsere Kinder haben empfindlichere Antennen als wir glauben.
Was ist also die „Lösung“ für meine Familie und mich? Ehrlich? Ich tüftle gerade an einer. Im Wald leben, alles selbst anbauen, aussteigen? Wohl eher nicht. Auch die Kinder haben Wünsche, die Gehör verdienen. Wir werden versuchen das Stresslevel zu senken, den Druck herauszunehmen. Viel Zeit als Familie verbringen. Den Konsum herunterschrauben.
Das war jetzt vielleicht alles ein bisschen wirr, aber ich merke hier einfach wie die Kinder all meine Emotionen mittragen. Sie lachen und leiden mit mir und ich möchte nicht, dass sie diese Last tragen müssen, die nicht ihre ist. Ich merke, wie wenig wir eigentlich brauchen, um glücklich zu sein, auch wenn wir hier in einem tollen Haus sitzen und leicht reden haben. Egal wo wir unsere Zeit gemeinsam verbringen, kann ich nur die Mama sein, die ich sein möchte, wenn ich unbelastet und entspannt bin und Ihnen die Kindheit bieten, die ich mir für sie wünsche.
„Unser Alltag ist ihre Kindheit“
Wo meine Gedanken und mein Weg mich und uns hinführen? Ich weiß es nicht, aber Ihr werdet es sicher erfahren.
Alles Liebe
Anke
Hallo Anke,
ich bin mir sicher, dass du einen Weg finden wirst. Gut ist es, wenn man die richtige Balance zwischen Arbeit und Familie gefunden hat.
Erschwerend kommt bei dir hinzu, dass du deine jetzige Arbeit nicht magst, weil sie nicht zu deine Persönlichkeit passt. Daher solltest du etwas finden, was du gerne machst. Du bist ja vielseitig begabt und wenn du mal einen Moment hast, in dem du in dich hineinhörst, wirst du sicherlich auf Ideen kommen.
Das solltest du natürlich zusammen mit deinem Mann machen. Vielleicht hat er ja auch eine Idee, wie ihr zukünftig euer Leben gestalten könnt, damit ihr alle glücklich werdet.
Ihr macht natürlich eine harte Zeit durch, aber das wird sich auch irgendwann ändern.
Du hast recht, dass die Momente mit den Kindern unbezahlbar sind. Auch meine Kinder konnten nicht den ganzen Tag bei mir sein, weil ich arbeiten war (und ja auch noch bin…), aber wichtig ist doch die Zeit, die man wirklich mit den Kindern zusammen verbringt und dann aber auch im hier und jetzt ist und dabei die Probleme für diese Zeit abschaltet.
Es hat bisher meinen Kindern nicht geschadet, dass ich nicht auf meinen Beruf verzichtet habe. Im Gegenteil:
Sie sind selbständiger geworden und wir können uns einen gewissen Lebensstandard leisten. Z.B. müssen wir nicht überlegen, auch mal auswärts zu essen.
Der Beruf muss natürlich zu einem passen und wenn Feierabend ist, nicht mehr erreichbar für Kollegen/Chefs, etc. zu sein.
Genieße die Zeit mit den Kindern, sie werden so schnell groß 🙂
GLG, Christiane
Huhu Christiane, erstmal vielen lieben Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast so viel zu schreiben. Ich denke auch, dass es darauf ankommt etwas zu finden, was man gerne macht. Dieser Blog zum Beispiel macht mir unendlich viel Freude und ich könnte Tag und Nacht daran arbeiten :o)
Vielleicht habe ich mich da auch einfach etwas unglücklich ausgedrückt. Wie Du weißt habe ich immer sehr viel gearbeitet, aber leider eben immer in Jobs, die mir lediglich Geld eingebracht haben, mich sonst aber in keiner Weise erfüllten.
Es ging mir in keinem Fall darum die Menschen, die sehr viel arbeiten schlecht darzustellen oder anzudeuten, dass sie keine guten Eltern seien. Um Gottes Willen! Lediglich für mich selbst hat sich das bis jetzt nicht wirklich bewährt gemacht, außer dass ich viel Zeit mit meinen Kindern verpasst habe.
Ich denke, dass ich das Richtige für uns finden werde.
Viele liebe Grüße
Anke