Jede Generation ist anders. Meine ist anders als die meiner Kinder und auch anders als die meiner Eltern. Anders ist nie schlechter oder besser, sondern einfach anders. Meine Generation beginnt Dinge zu hinterfragen, die jahrelang für gut befunden wurden. Vielleicht kommt es mir auch nur so vor, vielleicht haben Generationen vor uns ebenso Dinge hinterfragt. Ich bin jedenfalls neuerdings leicht überfordert mit der Frage wie Erziehung oder auch Beziehung am besten stattfinden kann.
Immer öfter lese ich in Artikeln, Webforen oder auf Blogs, dass Eltern ihre Kinder ganz bewusst nicht mehr erziehen wollen. So auch ein Artikel vor einigen Tagen, in dem es hieß:“ möchte mein Kind sich nicht anziehen, ich aber nach draußen, erkläre ich es dem Kind und wir nehmen seine Sachen einfach mit. Sobald ihr oder ihm kalt wird, kann er oder sie sich dann immer noch anziehen.“ oder “ wenn mein Kind das Essen nicht am Esstisch einnehmen möchte, machen wir halt ein Picknick am Wohnzimmertisch.“
Ganz ehrlich? Ich weiß einfach nicht, wie ich dazu stehen soll. Ich selbst bin streng erzogen worden und ich kann nicht sagen, dass es mir geschadet hat, wobei mir Sätze wie:“Du machst das jetzt, weil ich es sage!“, oder „Ich benötige keine Begründung!“ schon als Kind gegen den Strich gingen. Was hätte es meine Eltern gekostet mir Dinge zu erklären, die sie von mir verlangten, damit ich sie besser verstand? Nichts!
Trotz allem bin ich doch eine Mutter, die mit der etwas strengeren Methode bis jetzt gut gefahren ist. So fragte mich vor Jahren mal eine Mutter beim Judo meiner Kinder, warum es so aussähe, als würden meine Kinder sich so gut benehmen können …
Ja, ich bin Mutter, ja ich liebe meine Kinder, aber nein, ich mag nicht alle Kinder in meinem Umfeld, auch wenn es mir jedes Mal verwerflich vorkommt, das zu sagen, weil es bei anderen Eltern eben nicht gut ankommt. Es stört mich wenn Kinder während ich esse durch ein Restaurant rennen, als wären sie in einem Indoorspielplatz. Es stört mich wenn Kinder sich benehmen als seien sie die letzten Menschen und es stört mich, wenn Kinder durch ein Flugzeug rennen als seien sie in einem Privatjet. Ausgenommen natürlich Babys, die sich nur durch Weinen und schreien ausdrücken können. Genauso stören mich Eltern, die sich nicht scheren, ob ihre Kinder im Restaurant den Kellner umrennen, weil sie ihr Kind ja ach so frei erziehen. Meine Meinung dazu ist, dass wir in einer Gesellschaft leben, und in einer Gesellschaft gibt es Regeln. Werden die Regeln nicht eingehalten, ist eine Gemeinschaft nicht möglich. Das ist doch wie im Straßenverkehr. Da kann ich mein Kind auch nicht über rot fahren lassen, nur weil wir es frei sein lassen wollen.
Reden wir nun über das Essen am Wohnzimmertisch oder das Spazierengehen in Unterwäsche so schadet man damit ja niemandem in seinem Umfeld und dennoch frage ich mich, wo dieses „freilassen“ anfängt und wo es aufhört. Solche „Methoden“ sind nur im Versuch testbar und wenn es auf Dauer funktioniert, bin ich voll dafür. Auch ich möchte mit meinem Kind eher eine Beziehung führen, als es zu erziehen, dennoch spielt die Angst hier eine Rolle. Was, wenn mein Kind dann in Kindergarten und Schule auch halb nackt in den Garten möchte? Was, wenn es die Regeln, die in Gemeinschaften wie Kindergarten und Schule herrschen nicht befolgen kann, weil es das niemals gelernt hat? Ich weiß es einfach nicht. Ist es nicht so, dass ich nun mal erwachsen bin, und weiß, dass es draußen kalt ist, und mein Kind sich deshalb anziehen muss? Weil ich eben die Erfahrung habe und mein Kind eben noch nicht?
Ja, oft stellen wir als Eltern vielleicht auch Regeln auf, die uns selbst nützen, weil wir jeden Tag einfach oft Unmenschliches leisten, weil wir müde und kaputt sind und uns freuen, wenn es die Regel gibt, dass um 19 Uhr Bettruhe zu herrschen hat, damit man noch ein paar Stunden Zeit für sich hat. Ich finde daran nichts Verwerfliches. Bin ich selbst zufrieden und ausgeglichen, kann ich am nächsten Tag wieder 100 Prozent für meine Kinder geben.
Ich bin, wie ich gerade merke für den goldenen Mittelweg. Bei uns wird es weiterhin Regeln geben und wenn Leni alt genug ist, werde ich mir die Mühe machen ihr meine Intention zu erklären, denn das hat für mich etwas mit Respekt zu tun. Wir können sicherlich mal ein Picknick am Wohnzimmertisch machen, über kurze Kleidchen im Winter werde ich jedoch nicht diskutieren, weil es einfach keinen Sinn macht. Leni wird weiterhin lernen sich so zu benehmen, dass sie anderen Menschen, die keine Kinder haben, oder die dies einfach nicht möchten, nicht in deren Komfortzone grätscht. Warum erwarten eigentlich Eltern oft, dass Menschen ohne Kinder Verständnis haben müssen? Wer hat denn Verständnis für die Menschen ohne Kinder? Ist das nicht irgendwie anmaßend? Ich finde schon.
Erziehung ist ein heikles Thema und jeder muss für sich den besten Weg finden. Hier gibt es oft kein richtig oder falsch und dennoch hat es so viel Streitpotenzial in sich.
Wie steht Ihr zu Erziehung? Erzählt doch mal!
Kennst Du meinen Bericht warum ich meinen Kindern keinen Stress mit der Schule mache? Wenn Du magst, lies mal hier.
Eure Anke
Hallo Anke, ich bin da absolut deiner Meinung. Den Artikel habe ich auch gelesen und mich gefragt, wie wohl Freunde reagieren, wenn man zu denen zu Besuch kommt und das Kind plötzlich am Wohnzimmertisch picknicken will. Da wird man wahrscheinlich nie wieder eingeladen. Außer die Freunde erziehen ihre Kinder auch ohne Regeln. Es gibt doch den tollen Satz“die Freiheit des einen, endet da, wo die Freiheit des anderen anfängt“. Ich verstehe das genauso wie du, dass man in einer Gesellschaft nicht ohne Regeln leben kann. Spätestens im Kindergarten treffen dann die Kinder hart auf dem Bodern der Realität auf. Aber wahrscheinlich werden diese Eltern dann die Kindergärtnerinnen verrückt machen und denen mangelnde pädagogische Kompetenz unterstellen. Und Kinder unter 6Jahren oder so sind überhaupt nicht zu Kompromissen fähig. Wie will man da erwarten, dass die Kinder die Wünsche und Bedürfnisse des Erwachsenen nachvollziehen und berücksichtigen können. Ja es ist wichtig Kindern Regeln zu erklären. Man kann nicht über alles diskutieren. Manches müssen die Erwachsen entscheiden. Lg Agnes
Huhu Agnes, vielen Dank für Deinen Kommentar, darüber freue ich mich echt total:o) Da bin ich total froh, dass ich nicht alleine mit meiner Meinung bin. Ich komme mir manchmal unter Müttern irgendwie fehl am Platz vor, weil ich einfach eine andere Meinung habe. Ich werde auch weiterhin meine Schiene fahren in Sachen Erziehung und mich nicht beirren lassen.
Viele liebe Grüße
Anke
Ich werde meine Meinung kaum in einem kurzen Kommentar Darlehen können, aber vielleicht kann ich sie ja anreißen: ich kenne die erwähnten Artikel nicht, aber was ich so gelesen habe, da wird unter „nicht erziehen“ nicht antiautoritäre Erziehung verstanden, sondern eher Beziehung. Also gemeinsame Regeln aufstellen und sich daran halten.
Und zum Thema anziehen: ich würde meine Tochter auch nicht in Unterwäsche raus lassen. Aber wenn sie ihre Jacke nicht anziehen will, haben wir sie schon öfter mitgenommen und erst unterwegs angezogen.
Der Mittelweg ist wohl meist der beste…
Liebe Kathrin,
ich denke ich werde den Artikel demnächst mal überarbeiten, da mich das Thema interessiert habe ich mir viele Meinungen von anderen Müttern eingeholt und finde das Thema AP gar nicht so verkehrt. Der Mittelweg ist ja oft kein so schlechter Weg.
Liebe Grüße
Anke